Niederlande

Tag 4 u. 5:

Unser Tag 5 war recht faul, hier noch ein paar Bilder von Kampen, das nicht nur im Mittelalter eine der wichtigsten Hansestädte war, sondern zeitweise auch die Hauptstadt der Niederlande, als Amsterdam noch aus einer Ansammlung von Bauernhöfen bestand.

Hier zunächst noch ein Bild unserer schönen Unterkunft, dem Traditionssegler de Hester: ein Blick in den Aufenthaltsbereich, für den es sicher auch einen seemännischen Begriff gibt:

An die frühere Bedeutung erinnern drei Stadttore und u.a. die riesige Kirche St. Nikolai.

Die Kampener sind nicht nur stolz, sondern auch ziemlich selbstironisch:

Die Geschichte zum Bild: Für einen hohen Staatsgast sollte der beeindruckendste Stör aller Zeiten gefangen werden; dies geschah leider schon eine Woche vor dessen Ankunft. Da das Tier im toten Zustand nicht lange genug haltbar war, wurde es zum Wiederauffinden mit einer Glocke versehen und in die vermeintlich befristete Freiheit entlassen. Dass ein Glocke unter Wasser nicht hörbar ist, wurde leider nicht bedacht.
Die Kuh auf dem Bild erinnert an die Zeit, in der der obere Teil der Kirche abgebrannt und kein Geld da war, um ihn wieder aufzubauen. Die Kuh sollte das in der Zwischenzeit gewachsene Gras fressen und wurde mittels eines Seiles um den Hals hinaufgezogen … leider kam sie nicht lebend an.

Gestern (Tag 4) waren wir noch in einem in den 60er Jahren gepolderten Ort namens Urk. Hier scheinen recht religiöse Menschen zu leben, das ist gut an deren Kleidung erkennbar, und es gibt in diesem winzigen Dorf richtig viele Kirchen. Schön war der Spaziergang, den Badestrand haben wir wegen der Temperaturen doch gemieden.

Tag 3 und Beginn Tag 4: Heute waren wir in Amsterdam, ein Ort, der vor Corona tunlichst zu meiden war wegen fürchterlichem Overtourism. Davon kann momentan keine Rede sein, es kommen nicht allzuviele Leute in die Niederlande, die meisten Ausländer waren Deutsche. Auch dieser Stadt fühle ich mich persönlich verbunden, aus familiären und anderen Gründen, und habe die Zeit dort sehr genossen. Wir waren im Museum Moco, das insb. für sehr moderne, wirklich zeitgenössische Kunst und Street Art ausstellt. Katharina, die strenge Bald-Juristin, hat mich auf Urheberrechtsprobleme beim Posten von neuen Kunstwerken hingewiesen, weshalb hier leider keine Fotos erscheinen.

Danach waren wir noch in einem Viertel, an das ich persönlich viele Erinnerungen habe, die Pijp, inzwischen nach Kräften gentrifiziert und sehr nett:

Unser nächstes Ziel war die Stadt, die einem Teil unserer Familie ihren Namen gegeben hat: Kampen. Dieses Mal hatten wir Glück und haben gleich eine coole Unterkunft gefunden, ein alter Holzsegler, der im Wesentlichen für deutsche Klassen- und Firmenfahrten eingesetzt wird, de Hesters. Der Besitzer ist 22 Jahre alt, sehr kommunikativ in vielen Sprachen und kann wegen Corona erst seit zwei Wochen wieder Gäste auf seinem Schiff begrüßen.

Die Unterkunft hier ist unheimlich nett, sozial und kommunikativ, direkt am minikleinen Zentrum von Kampen und es gibt alles, was mensch benötigt; eine funktionale Küche, Kabinen und freundliche Menschen. Die Stadt Kampen kennt niemand, sie hat aber eine großartige Geschichte (Hauptstadt der Hanse) und ist wunderschön.

Tag 2: Die Organisation, über die Katharina in Zusammenarbeit mit Booking.com unser Apartment reserviert und organisiert hat, war leider ein Griff ins Klo. Für die erste Nacht hatten sie die Räume doppelt belegt, teilten dies Katharina per Telefon mit, fragten, ob sie damit einverstanden sei, dass wir eine Nacht in ein Hotel ausweichen und meldeten sich erstmal nicht mehr. Die immer freundliche Katha wartete geduldig, kümmerte sich um alles und schleppte ihren riesigen Rucksack brav durch die Wärme. Als ich kam, hatte sie schon alles geregelt. Wir packten also unsere Gepäckmengen aus, schliefen im Hotel, packten sie wieder ein und suchten nachmittags unsere Unterkunft auf. Es stellte sich heraus, dass nicht saubergemacht worden war, besonders deutlich zeigte es sich am Bett. Zu Coronazeiten eher beunruhigend. Daraufhin rief ich, bekanntlich nicht immer freundlich, sondern eher durchsetzungsstark, bei den Zuständigen an und bekam zu hören, dass the cleaner leider vergessen hatte zu cleanen. Wir könnten aber ein anderes Apartment kriegen oder in zwei Stunden würde jemand kommen. Wir räumten den Kühlschrank wieder aus und bezogen das andere Apartment, für eine Nacht war das alles ein riesiger Aufwand. Ich musste relativ deutlich darauf hinweisen, dass wir nicht gedenken, alles zu bezahlen, war damit auch erfolgreich. Aber nun sind wir da.

Der Tag ansonsten war schön, gefrühstückt haben wir in Naarden, ein zauberhafter Ort, umringt von einem beeindruckenden Festungsgraben.

Hilversum ist der Ort, aus dem meine holländische Familie stammt, nachdem sie Kampen verlassen haben, und das ist verdammt lang her. Pflichtschuldigst sind wir hingefahren, um festzustellen, dass es dort schön, voller netter Villen und ansonsten eher langweilig ist. Hilversum beherbergte die erste Radiostation in den Niederlanden und ist auch heute noch Medienstandort sowie Teil des Amsterdamer Speckgürtels.

Wir sind dann weitergefahren nach Amersfoort und hier war es richtig schön:

Tag 1: Für vier Tage reise ich nun mit Katharina durch Holland, heute, am Sa., den 18.7.20, haben wir uns in Bussum getroffen, um u.a. auf familiären Spuren durch Hilversum und Kampen zu wandeln und uns das coronabedingt leere Amsterdam in aller Ruhe anzuschauen. Vor unserem Treffen hatte ich aber noch eine tolle und spannende Begegnung mit Geeskemaria, einer sehr netten, freundlichen und interessanten Frau, wie auf dem Bild gut erkennbar sein sollte.

Dass sie sich überhaupt mit mir getroffen hat, ohne Vorbehalte, mit großer Offenheit und viel Interesse, ist toll. Jedoch von vorn: unsere niederländischen Großväter kannten sich in der sehr dunklen Vergangenheit, sie standen auf unterschiedlichen Seiten der Geschichte und es endete tragisch. Geeskemarias Großvater, Gerrit Visser, wurde im Lager Wewelsburg bei Paderborn ermordet. Er hatte sich während der Besatzung der Niederlande durch die Nazis geweigert, zur Gleichschaltung der Gewerkschaften nach dem Vorbild der Deutschen Arbeitsfront beizutragen, weil das seinen demokratisch-sozialistischen Prinzipien widersprach. Daraufhin wurde er nicht nur entlassen, sondern auch verhaftet und in verschiedenen holländischen und deutschen Lagern interniert, bevor er in Wewelsburg getötet wurde. Durch geradezu unglaubliche Zufälle habe ich Geeskemaria im Rahmen meiner Familienforschung kontaktieren können. Getroffen haben wir uns in einem wunderschönen Dorf, Gorssel, nahe der deutschen Grenze und mit einem sehr modernen Museum. Die große Toleranz in der Familie scheint Tradition zu haben; schon die Eltern von Gerrit Visser haben akzeptiert, dass dieser sich trotz der Verortung im protestantischen Teil der Gesellschaft dem Sozialismus zuwandte. Das war damals in den Niederlanden überhaupt nicht selbstverständlich, zwar lebten die Menschen friedlich nebeneinander her, die einzelnen Gruppen waren aber deutlich voneinander getrennt, bis in die 60er Jahre waren diese „Säulen“ der Gesellschaft erkennbar. Die protestantischen, katholischen, sozialdemokratischen und liberalen Gruppierungen blieben unter sich, hatten ihre eigenen Sportvereine, Schulen, Kindergärten usw. Dass Gerrit Visser von einem Bereich dieser „versäulten“ Gesellschaft in den anderen wechseln konnte und dies uneingeschränkt von der Familie akzeptiert wurde, war erstaunlich. Ebensowenig selbstverständlich ist es, dass sein Sohn, dem nicht nur auf grausame Weise sein Vater genommen wurde, der vielmehr auch selber zum Arbeitseinsatz in der deutschen Rüstungsindustrie gezwungen wurde, seine Kinder ohne Hass auf Deutschland erzogen hat.

Gerrit Visser, 1894-1942

Danach ging es weiter nach Bussum, das von Katha nur ausgewählt wurde, weil die Unterkünfte deutlich günstiger sind als in Hilversum, dem Sitz der ersten Radiostation der Niederlande und immer noch eine bedeutende Stadt der Medien im Speckgürtel von Amsterdam. Bussum ist nicht wirklich spannend, aber recht holländisch.

Fahrradständer am Minibahnhof, es ist wirklich nur ein Dorf.

Bla

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